Heute setzen wir unsere Serie von Blogeinträgen zum Thema Industrie 4.0 fort. Wenn Sie die ersten Einträge dieser Serie noch nicht gelesen haben, können Sie das nachholen. Es ging bisher um: eine allgemeine Einführung zu Industrie 4.0; um die Faktoren, die das Aufkommen von Industrie 4.0 beeinflusst haben; darum, was Kunden von Industrie-4.0-Lösungen erwarten; und darum, wie der 3D-Druck die Herstellungsindustrie verändern wird.
Nachdem wir ausführlich über die umwandelnde Kraft von Industrie 4.0 gesprochen haben, wollen wir es nun nicht versäumen, auch über die vielen schwerwiegenden Herausforderungen zu sprechen, denen sich Industrie 4.0 gegenüber gestellt sieht – nicht nur, was seine Wahrnehmung und Akzeptanz angeht, sondern auch im Hinblick auf seine technische Umsetzung.
Schon allein die Art und das schiere Ausmaß der Veränderungen stellt eine Herausforderung dar. Ein komplexes Wertschöpfungssystem zu schaffen, das Güter in flexibler Weise fertigt und verbreitet, macht es erforderlich, dass Firmen sich verändern und mit anderen Firmen zusammenarbeiten – nicht nur mit Zulieferern und Vertriebsunternehmen, sondern auch mit Technologiefirmen und Infrastruktur- Anbietern wie etwa die Telekom und andere Internet Provider. Sogar Kooperationen mit Konkurrenten könnten erforderlich werden, etwa um Normen zur Übertragung und Nutzung großer Datenmengen festzuschreiben. Diese größte Herausforderung für die Wertschöpfungskette wird es notwendig machen, dass die Akteure die Art, wie sie ihr Geschäft betreiben, und auch ihre Rolle am Markt neu überdenken, um sie den Erfordernissen von Industrie 4.0 anzupassen. Verschiedene neue Geschäftsmodelle werden sich herausbilden, die mit geistigem Eigentum oder mit Datenspeicherungen zu tun haben, auf „pay-per-use“-Basis fungieren oder sich Online-Plattformen bzw. Ökosystsemmodelle zunutze machen. Diese neuen Geschäftsmodelle werden sich von Umsätzen durch physische Produkte wegverlagern müssen hin zu dienstleistungsbasierten Geschäftsmodellen, Online-Plattformen und Ökosystem-Entwicklungen. Das Ergebnis wird eine generelle Veränderung der Profitquellen entlang der Wertschöpfungskette (Value Pools) nicht nur für Hersteller, sondern auch für Zulieferer sein. Diese Veränderung ist von fundamentaler Bedeutung und erfordert Umdenken und Anpassung. Während es für die Herstellungsindustrie traditionell die tatsächliche Produktion war, die den größten Value Pool und den größten Anteil an den Gesamtausgaben ausmachten, dürfte dieser Anteil in Zukunft sinken. Wie wir über Wertschöpfung in der Fertigungindustrie denken, wird sich notgedrungen verändern müssen.
Die Notwendigkeit, substanziell in Industrie 4.0 zu investieren – insbesondere in IIoT-Technologien (IIoT = Industrial Internet of Things) –, stellt eine weitere große Herausforderung für die Unternehmen dar. Nach einem im Jahr 2015 veröffentlichten EU-Briefing, betitelt „Industry 4.0: Digitalisation for productivity and growth“, wurden die von den Unternehmen bis zum Jahr 2020 durchzuführenden Investitionen allein für Deutschland auf jährlich 40 Milliarden Euro berechnet – und für ganz Europa auf vielleicht jährlich 140 Milliarden Euro geschätzt. Solche Investitionen können vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen gewaltig sein, die weniger finanzielles Pufferkapital haben und vorsichtiger agieren müssen im Hinblick auf die Auswirkungen, die diese Veränderungen für ihre Wertschöpfungskette haben. Einige Kritiker glauben deshalb sogar, dass Industrie 4.0-Lösungen ihren Preis nicht wert seien. Allerdings gibt es, nach einem kürzlich veröffentlichten McKinsey-Bericht einen wichtigen Grund dafür, dass Unternehmen in Industrie 4.0 investieren sollten, nämlich der, dass die traditionellen Produktivitätshebel größtenteils erschöpft sind. In den 70er und 80er Jahren war „lean production“ nach dem Vorbild von Toyota en vogue, was viele Unternehmen übernommen haben. Outsourcing und Offshoring ermöglichte größere Gewinne in den 90er Jahren, indem man Arbeiten für geringer Qualifizierte in die Niedriglohnländer auslagerte. Nach dem Jahr 2000 begannen die Vorteile des Offshoring zu schwinden, weil die Löhne in herkömmlichen Niedriglohnländern und die Frachtkosten zu steigen begannen. Die Technologien der Industrie 4.0, wie computergestützte Fertigung und gesteigerte Rechnerkapazitäten, versprechen nunmehr „smart factoring“, also intelligente Fabrikation, hocheffizient und zunehmend datenintegriert, mit deren Hilfe ein neuer Produktivitätshebel bedient werden kann.
Die letzte, aber nicht unwichtigste der Herausforderungen, die wir hier behandeln, ist die Datensicherheit. Bei einem zunehmend digitalisierten Geschäft kann man die Bedeutung von noch sichereren und robusteren Netzsystemen – die gleichwohl miteinander verbunden bleiben – nicht überbetonen. Besonders in den Fällen, in denen eine Verbindung mit dem Internet nötig ist, bieten diese Systeme Angriffsflächen für Cyber-Attacken von jedem Ort der Welt. Die Gefahr solcher Attacken und ihr Potenzial für Industrie-Sabotage oder für schlichten Datenklau wurde in der Vergangenheit in vielfältiger Weise nachgewiesen – von Stuxnet bis hin zu den ungezählten Datenschutzverletzungen und Cyberangriffen in den letzten Jahren, mit denen der Firmen- und Kundenschutz ausgehebelt wurde. Es wird Maßnahmen geben müssen, mit deren Hilfe der Schutz der ausgetauschten Informationen in den Fabriken gemanagt werden kann. Die Infrastruktur muss so sorgfältig geplant werden, dass die Vernetzungsfähigkeit – einschließlich der Internet-Vernetzung – voll verfügbar bleibt, ohne den Datenschutz oder die interne Datensicherheit zu gefährden. Darum werden Endpoint Protection, Authentifizierungsverfahren und Verschlüsselungen wahrscheinlich wichtige Themen von Industrie 4.0 werden.
Im nächsten Blogeintrag werden wir uns mit einigen weiteren Herausforderungen befassen, vor denen Industrie 4.0 steht. Wir werden dann noch kurz ansprechen, welche Rolle algorithmica technologies spielen kann und wie seine Lösungen für die Industrielandschaft 4.0 genutzt werden können. Damit werden wir unsere Erkundungstour in die neue Welt der Industrie 4.0 abschließen.